Borderline in der Beziehung - Hilfe und Rat für Borderliner und ihre Partner

Menschen mit einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung vom Typ Borderline (kurz Borderline Syndrom oder auch Borderline-Störung) zeigen emotionale Verhaltensweisen, welche in Beziehungen beide Partner vor besondere Herausforderungen stellen, die sich mit Hilfe professioneller Paarberatung oft leichter bewältigen lassen.

Unter dem Borderline-Syndrom bzw. einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (abgekürzt BPS) leiden rund drei Prozent der Bevölkerung. Indirekt betroffen sind jedoch wesentlich mehr Menschen – etwa Partner, Angehörige, Freunde, Arbeitgeber oder Angestellte von Borderlinern. Borderline und Beziehung schließen sich nicht aus: Das psychologische Krankheitsbild, das von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein kann, hat in aller Regel keinen Einfluss auf die Liebesfähigkeit, die Sehnsucht nach Nähe oder den Wunsch, mit dem geliebten Menschen in einer stabilen, langfristigen Partnerschaft zusammenzuleben.

Trotzdem ist es für direkt und indirekt Betroffene oft schwer, Borderline und Beziehung unter einen Hut zu bringen. Vor allem die für BPS charakteristische emotionale Instabilität kann zu Missverständnissen, Konflikten und Streit in der Partnerschaft führen. Es ist allerdings nicht einfach, Beziehungsprobleme zu lösen, die mit dem Borderline-Syndrom in Zusammenhang stehen. Denn in sehr vielen Fällen liegen die eigentlichen Ursachen der Probleme weit zurück: Die meisten Borderliner haben in ihrer frühen Kindheit oder Jugend Schreckliches erfahren und kämpfen bis heute mit den Folgen.

Mittlerweile gilt als gesichert, dass traumatische Erfahrungen wie Gewalt, Missbrauch, emotionale Vernachlässigung oder ein als gefährlich, fremdartig oder demütigend erlebtes soziales Umfeld eine Borderline-Persönlichkeitsstörung auslösen bzw. entstehen lassen können. Auch genetische Faktoren spielen bei BPS eine Rolle: Je nach Disposition und Biographie werden verschiedene Menschen ganz unterschiedlich agieren und reagieren, um mit einer Traumatisierung fertigzuwerden bzw. mit deren Konsequenzen weiterzuleben.

Wie wirkt sich das Borderline Syndrom auf die Beziehung aus?

Borderline bedeutet Grenzlinie. Die Betroffenen bewegen sich emotional also auf einem schmalen Grat, was sich beispielsweise in extremen Gefühls- und Stimmungsschwankungen (himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt) äußern kann. Viele erzählen, dass sie auch an guten Tagen eine dauerhafte innere Anspannung fühlen – als befänden sie sich permanent in einer Art gefühlsmäßigem Ausnahmezustand. An schlechten Tagen oder in schwierigen Situationen können Druck, Angst und das Gefühl innerlicher Zerrissenheit so groß werden, dass sie ohne Gegenmaßnahmen nicht mehr auszuhalten sind.

Um die Spannung zumindest teilweise abzubauen bzw. über Extremzustände hinwegzukommen, gehen viele Borderliner hohe Risiken ein oder schädigen sich selbst. Das kann in Form von Autoaggression und Selbstverletzung geschehen, durch Drogen- oder Alkoholmissbrauch oder bei waghalsigen Aktionen und Kurzschlusshandlungen. Das Risiko- und Gefahrengefühl, die normale Körperwahrnehmung und das Schmerzempfinden sind in diesen Phasen meist stark herabgesetzt, so dass die Betroffenen oft erst später erkennen oder darüber nachdenken, was sie sich und anderen in solchen Momenten zumuten.

Oft erleben sich die Partner von Borderlinern ebenso als Opfer der Störung wie die Betroffenen selbst. Vertrauen, Stabilität, Geborgenheit und innere Ausgeglichenheit sind auch in einer sonst intakten Liebesbeziehung keineswegs selbstverständlich, sondern müssen nahezu täglich neu erkämpft und gesichert werden. Viele Borderliner haben zudem massive Verlustängste und fürchten sich sehr davor, ihren Partner oder ihre Partnerin zu verlieren. Daher kann auch extreme Eifersucht in einer Borderline-Beziehung zum Problem werden. Egal, was der Partner tut oder sagt – es reicht nie aus, um die Angst dauerhaft zu besiegen.

Wer mit einem Borderliner zusammen ist, muss manchmal viel einstecken und aushalten. Am leichtesten fällt das einem geduldigen Partner mit gesundem Selbstvertrauen, der konstante Sicherheit vermittelt, aber auch Grenzen setzen kann. Ist der Partner selbst sehr unsicher, nachtragend, schnell beleidigt oder aufbrausend, wird es dem paar schwerfallen, die Beziehung langfristig stabil zu halten und innerlich soweit zur Ruhe zu kommen, dass eine gute gemeinsame Weiterentwicklung möglich ist.

Wie können Borderliner Beziehungsprobleme vermeiden?

Wie schon erwähnt, ist BPS oder das Borderline-Syndrom immer ein sehr vielschichtiges und individuelles Störungsbild. Trotzdem gibt es ein paar praktische Tipps, die Borderlinern helfen können, sich in ihrer Partnerschaft sicherer und glücklicher zu fühlen.

  1. Informieren Sie sich bei Experten über ihre Krankheit. Lernen Sie Borderline gut kennen, aber identifizieren Sie sich nicht darüber.
  2. Erinnern Sie sich immer wieder daran, dass Ihr Partner Sie liebt und sich für Sie entschieden hat. Sie werden nicht trotz ihrer Krankheit geliebt, sondern mit allem, was Sie haben und sind.
  3. Ziehen Sie, wenn Ihr Partner etwas sagt oder tut, das Ihnen nicht gefällt, auch die Möglichkeit in Betracht, dass keine böse Absicht dahintersteckt. Es ist immer wieder eine freudige Überraschung wert, wie viel Zwischenmenschliches ganz absichtslos geschieht.
  4. Wenn Sie einen Fehler gemacht haben, reden Sie sich nicht mit Ihrer Krankheit heraus. Stehen Sie dazu, glauben Sie der Kritik und lernen Sie etwas daraus – das fühlt sich besser an, als die meisten Menschen glauben.
  5. Wenn Sie Angst haben oder innerlich sehr angespannt sind, erzählen Sie ihrem Partner davon. Lassen Sie sich so oft wie nur möglich trösten, aufheitern oder ablenken, statt sich dem Schmerz zu überlassen.
  6. Akzeptieren Sie die Grenzen Ihres Partners. Testen Sie nicht aus, ob und wie weit Sie sie überschreiten können, und üben Sie keinen permanenten Druck an sensiblen Stellen aus.
  7. Bauen Sie Stress und Wut mit körperlicher Aktivität ab (Laufen, Tanzen, Gartenarbeit, Kissenschlacht), aber vermeiden Sie extreme und gefährliche Aktivitäten, Drogen- und Alkoholräusche.
  8. Verletzen Sie sich nicht selbst. Das ist für Ihren Partner in vielerlei Hinsicht besonders schwer zu ertragen. Wenn Sie glauben, den Drang dazu nicht allein unterdrücken oder überwinden zu können, bitten Sie jemanden um Hilfe. Hilfe bedeutet dabei, sich von diesem Thema so rasch und so weit wie möglich wegzubewegen – Ablenkungen helfen hier also meist besser als Erklärungen und Erörterungen.
  9. Bleiben Sie bei der Wahrheit, wenn Sie mit Ihrem Partner sprechen. Lügen sind Gift für Vertrauen, Selbstwertgefühl und Sicherheit.
  10. Lernen Sie eine Technik zur Entspannung und inneren Sammlung, die Ihnen zusagt. Praktizieren Sie sie regelmäßig und freuen Sie sich darüber, wie Sie darin immer besser werden. Die Auswahl ist riesig: Musik und Rhythmus, Bilder und Farben, kreatives Schreiben, Zen, Yoga, Qigong, Kamasutra, Sushi, Sterne gucken, Gospels singen, Träumen …

Borderline Beziehung: Wie kann eine Eheberatung oder Paartherapie helfen?

Ein psychologisch geschulter und erfahrener Eheberater oder Paartherapeut ist ein guter Ansprechpartner, wenn es darum geht, akute oder chronische Beziehungsprobleme zu lösen oder alltagstaugliche Kompromisse und Regelungen für eine stabile Partnerschaft zu finden. Doch eine Paartherapie oder Eheberatung kann die Therapie eines komplexen psychiatrischen Krankheitsbildes wie BPS nicht ersetzen, sondern allenfalls sinnvoll ergänzen. In der Partnertherapie wird es also nicht vorrangig um Borderline gehen, sondern darum, wie sich Borderline auf die Beziehung auswirkt und was beide tun können, um ihre konkreten Beziehungsprobleme zu lösen und die Herausforderungen ihrer Liebe auch unter außergewöhnlichen Umständen zu meistern.

Viele Borderliner sind wegen ihrer Persönlichkeitsstörung oder zur Verarbeitung ihrer traumatischen Vergangenheit in Therapie oder haben bereits mehrere Therapien hinter sich. In vielen Fällen will und kann der Partner auch aktiv am Therapieerfolg mitwirken – indem er sich etwa erzählen lässt, was die Gespräche mit dem Therapeuten ergeben haben, sich selbstständig über die Krankheit informiert und sein alltägliches Denken und Handeln darauf abstimmt. Dieser Ansatz ist aber nicht immer erstrebenswert: Viele Betroffene möchten in der Partnerschaft keineswegs als Patient gesehen oder behandelt werden. Und wer sich in einen Borderliner verliebt oder einen heiratet, muss sich deswegen noch lange nicht für als psychologischer Berater sehen oder Geschmack an der Therapeutenrolle finden.

Beziehungsprobleme wie Eifersucht, Streit, Untreue, Verlustangst oder auch Langeweile sind menschlich und können in jeder Partnerschaft auftreten. Sie alle haben etwas mit emotionaler Instabilität zu tun – auch diese ist also nichts Unnormales, sondern tritt bei jedem Menschen zumindest zeitweise auf. Wie normal Art und Ausmaß von Beziehungskonflikten und der Umgang damit sind, können letztlich immer nur die Beteiligten entscheiden. Für Normalität gibt es weder eine Maßeinheiten noch Vergleichstabellen. Sie ist ein Gefühl und eine Frage der Gewohnheit. Etwas so Undefinierbares wie Normalität taugt daher auch nicht als Bewertungskriterium für Glück in der Liebe oder dauerhafte Harmonie in Ehe und Partnerschaft.

Eine Beziehung hat Zukunft, wenn beide sich eine gemeinsame Zukunft wünschen – und wenn diese Vorstellung deutlich mehr Glück und freudige Erwartungen hervorruft als Angst, Sorgen und Stress. Oft überwiegen Zweifel oder das Gefühl der Überforderung, wenn ein Paar sich zu einer Eheberatung oder Partnertherapie entschließt. Doch solange der Wunsch, die Ehe zu retten und die Beziehungsprobleme zu lösen, bei beiden stärker ist als eventuelle Trennungsgedanken, bestehen gute Chancen, gemeinsam zu einem stabilen Zukunftskurs mit neuem Optimismus und neuen Räumen für die Liebe zurückzufinden.

Oft wünschen sich beide Partner, dass das Borderline-Syndrom als Krankheitsbild in der Beziehung so wenig wie möglich thematisiert wird. Stattdessen sollte es, wenn konkrete Probleme auftreten, eben auch um konkrete Lösungen gehen. Und hier setzen auch eine Ehe- oder Paarberatung sowie die Partnertherapie an. Bei einer psychologischen Beratung oder durch eine Partnertherapie lernt sich das Paar besser kennen und verstehen – und aus den neuen Gedanken und Einsichten ergeben sich dann praktische Ansätze, um die Partnerschaft und den Alltag zu harmonisieren.

Beziehungen von oder mit Borderlinern können, auch auf lange und aus wissenschaftlicher Sicht, prima funktionieren und sehr glücklich sein. Dazu sind Liebe und Nähe, tiefes Vertrauen, Respekt und gute Kommunikation wichtig, außerdem Geduld, Gelassenheit, Humor und neue Pläne in den richtigen Momenten. Je mehr davon ein Paar mitbringt, desto größer sind die Chancen, diese Hauptfaktoren der Liebe über eine Krise hinwegzuretten und auch in sehr schwierigen Situationen nicht aus den Augen und aus dem Herzen zu verlieren.

Ihre
Ilona von Serényi, Aachen-Oberforstbach

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