Einsamkeit in Beziehung und Ehe: Wie viel ist normal, und welche Auswege gibt es?

Jeder Mensch kennt Einsamkeit. Sie ist nicht ans Alleinsein oder andere bestimmte Situationen gebunden, sondern ein Gefühl, das in jedem von uns wohnt. Wir sind einsam, wenn wir uns einsam fühlen – ob in einer Beziehung, in der Ehe oder als Single. Das Gefühl der Einsamkeit kann sich ganz plötzlich einstellen, etwa nachts, wenn man nicht schlafen kann, beim Blick aus dem Fenster an einem trüben Tag oder in einer Menschenmenge, wenn man von Fremden umgeben ist und sich klein und verloren fühlt. Und die meisten kennen die Einsamkeit nach einer Trennung – dieses Gefühl des Alleinseins zu überwinden ist oft besonders schwierig.

Wie sich Einsamkeit anfühlt, lässt sich schwer beschreiben. Denn sie hat viele Gesichter, und jeder Mensch erlebt sie auf seine ganz eigene und persönliche Art. Oft wird sie als unangenehm, schmerzlich oder bedrohlich empfunden, doch sie kann auch willkommen sein: Manchmal suchen wir bewusst die Einsamkeit, etwa um uns auf schwierige Entscheidungen innerlich vorzubereiten, unsere Gedanken zu ordnen oder uns von äußeren Einflüssen zu befreien, um klarer zu sehen, was uns wirklich wichtig ist.

Selbst ungewollte bzw. unfreiwillige Einsamkeit ist normal, so lange das Gefühl auch wieder vorübergeht. Doch wenn frustrierende oder quälende Einsamkeit zum Dauerzustand wird, ist das nicht gut für Körper, Geist und Seele. In der Eheberatung oder Paarberatung ist Einsamkeit ein großes Thema. So fühlen sich viele Menschen in ihrer Beziehung oder Ehe einsam und suchen – mit oder ohne den Partner – nach Auswegen aus ihrer Einsamkeit. Die Tatsache, dass selbst große Liebe, eine stabile Partnerschaft oder eine glückliche Ehe keine Garanten gegen Einsamkeit darstellen, wird dabei häufig als besonders belastend empfunden.

Einsamkeit zu Zweit - Zweisamkeit ist kein Allheilmittel

Mit der Einsamkeit an sich sollte jeder Mensch im Lauf seines Lebens Frieden schließen. Das Gefühl gehört einfach zur Menschennatur und zum Wissen um die Vergänglichkeit. Schon Kinder können es tief empfinden. Einsamkeit ist kein krankhaftes Gefühl und daher gibt es auch kein Heilmittel dagegen. Trotzdem erhoffen oder erwarten viele genau das von einer Partnerschaft oder Ehe: Das Ende der Einsamkeit.

Das ist ein berechtigter Wunsch und er kann sich auch erfüllen: Zumindest zu Beginn der Beziehung scheint die Einsamkeit oft endgültig der Vergangenheit anzugehören. Da ist ein Mensch, zu dem man sich zugehörig fühlt, mit dem man alles teilen möchte und auch teilen zu können glaubt – Tisch und Bett, Pläne und Entscheidungen, eben das gesamte Leben. Wer ganz erfüllt vom Gefühl der Zweisamkeit ist, kann sich Einsamkeit meist gar nicht mehr vorstellen. Das gilt übrigens auch umgekehrt: Ein Mensch, der sich ganz von Einsamkeit durchdrungen fühlt, kann sich in diesem Moment auch kaum vorstellen, dass oder wie dieser Zustand jemals wieder enden soll.

Dauert die Beziehung oder Ehe schon länger, kann sich die Einsamkeit jedoch von vielen Seiten wieder einschleichen. Und wenn sie zum festen Bestandteil der Partnerschaft wird, ist das mit dem Wunsch nach Glück, Zufriedenheit und Harmonie unvereinbar. Denn Liebe, Glück und das sprichwörtliche „Gute“ sind immer aktiv und angewiesen auf Kommunikation, Wechselwirkungen und Bewegung. Dauerhafte ungewünschte Einsamkeit bedeutet jedoch Stagnation, innere Leere, Verlust- und Angstgefühle und langfristig ein Abdriften ins Passive und in die Resignation.

Einsamkeit wird oft mit einem Gefängnis verglichen. Wer sich an einen Eheberater, Paarberater oder Paartherapeuten wendet, um aus seiner Einsamkeit in Ehe oder Beziehung herauszufinden, hat mit dieser Kontaktaufnahme nach außen bereits einen wichtigen Schritt zur Befreiung unternommen. Als nächstes muss es darum gehen, die Gründe für die Einsamkeit zu erkennen – und herauszufinden, welche konkreten Möglichkeiten es gibt, an den Symptomen und den Ursachen etwas zu verändern.

Mögliche Gründe für Einsamkeit in Partnerschaft und Ehe

Manche Paare leben sich im Lauf ihrer Beziehung oder Ehe auseinander. Sie wollten gemeinsam durchs Leben gehen und stellen eines Tages fest, dass aus dem Miteinander ein Nebeneinander geworden ist. Oft funktioniert die Partnerschaft reibungslos, nur das beglückende und erfüllende Wir-Gefühl der Anfangszeit ist im Alltag verloren gegangen.

Ist die Liebe noch da, gilt es, ihr wieder mehr Raum zu geben und sich bewusst Zeit für die Zweisamkeit zu nehmen. Selbst Partner, die glauben, einander perfekt zu kennen, verlieren den Kontakt zueinander, wenn sich die Kommunikation auf alltägliche Routinen beschränkt. Widmen sie stattdessen persönlichen Themen, Erlebnissen, Gedanken und Gefühlen wieder mehr Aufmerksamkeit und mehr Worte, rückt auch das Zusammengehörigkeitsgefühl wieder mehr in den Mittelpunkt.

Das wiederum kann beide darin bestätigen, sich doch für den richtigen Menschen entschieden zu haben. Denn diese Entscheidung wird nicht nur einmal im Mondschein oder vor dem Traualtar getroffen, sondern im Lauf des gemeinsamen Lebens immer wieder hinterfragt und erneut getroffen. Wer dabei vom Partner keine deutlichen Zeichen bekommt, muss eine grundlegende Entscheidung einsam treffen – und einsame Entscheidungen sind dem Glück zu zweit selten zuträglich.

Die Einsamkeit mit einem untreuen Partner

Mangelnde Loyalität, Affäre, Seitensprung, Eifersucht: Untreue belastet sowohl das Vertrauen in den Partner als auch das Selbstvertrauen und kann beides nahezu zerstören. Da Vertrauen und Ehrlichkeit zu den wichtigsten Voraussetzungen für eine glückliche Beziehung gehören, führt deren Verlust zwangsläufig zu Streit, Krisen, Angst und Einsamkeit. Wer seinem Partner nicht mehr vertraut, von dessen Untreue weiß, aber trotzdem bei ihm bleibt, muss sich in der Partnerschaft einsam fühlen.

Auch Untreue gehört zu den Themen, die in der Eheberatung oder Paarberatung immer wieder auf den Tisch kommen. Um das Vertrauen wieder herzustellen, sind beide Partner gefragt: Wer untreu gewesen ist, muss sich mit seinem eigenen Verhalten auseinandersetzen und Mut zu Veränderungen mitbringen – es genügt nicht, einfach zu bereuen oder Besserung zu geloben. Wer betrogen worden ist, aber die Trennung dennoch nicht will, muss verzeihen können und bereit sein, der Liebe und Treue seines Partners eine zweite Chance zu gewähren. Das kann eine Zeit dauern und viel Arbeit erfordern, aber die Grundbereitschaft muss vorhanden sein. Die Einsamkeit während oder nach der Untreue kann nur enden, wenn beide Beteiligte sich von ihren Leiden, Opfern, Mühen oder auch Strafen in der Zukunft einen angemessenen Lohn versprechen. Ist das nicht der Fall, kann die Trennung sinnvoller sein als der Versuch, die Ehe zu retten.

Die Einsamkeit in einer Fernbeziehung

Menschen, die Fernbeziehungen führen, kennen oft das ganze Spektrum der Einsamkeit. Regelmäßig erleben sie Trennungsschmerzen, schwierige Abschiede und Zeiten, in denen sie den Partner dringend bräuchten, er aber unerreichbar ist. Telefonate, E-Mails oder Messenger können die körperliche Präsenz des geliebten Menschen nie ersetzen. Sie stillen nicht den Wunsch nach Wärme, Nähe, Zärtlichkeit und Intimität, der sich eben nicht auf festgesetzte Zeiten beschränken lässt.

Auch die Einsamkeit, unter der viele Fernbeziehungspartner leiden, sollte sich letztlich lohnen, damit das Opfer nicht vergeblich ist. Menschen in Fernbeziehungen wenden sich zuweilen an den Eheberater, wenn sie das Gefühl haben, der Partner nehme es mit dem Beenden des momentanen Beziehungsstatus nicht so genau. Sie haben Angst, dem anderen könne seine Freiheit wichtiger sein als das dauerhafte Zusammenleben. Einsamkeit entsteht auch, wenn man sich der Gefühle des Partners und seiner eigenen Position nicht sicher ist.

Partner, die einander selten sehen, brauchen viel Bestätigung. Vor allem brauchen sie aber viel Vertrauen, Zuversicht und Glauben an die Zukunft. Wortlose Kommunikation und Hoffnung sind hier – wie in anderen Bereichen der Liebe auch – längst nicht genug. Worte, Zeichen und manchmal auch kleine Wunder sind nötig, um das Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühl in langen Fernbeziehungen zu stärken und über die Zeit lebendig zu erhalten. Und natürlich sollten Versprechungen auch eingehalten werden.

Einsamkeit nach Trennung und Scheidung

Zu jeder Trennung oder Scheidung gehören Verlustgefühle, Kummer und tiefe Einsamkeit. Selbst Menschen, die vor der Trennung glaubten, sich gar nicht einsamer und verlassener fühlen zu können als in ihrer zerrütteten Beziehung, fallen häufig in ein noch tieferes Loch, wenn sie erst einmal vor vollendeten Tatsachen stehen. Neben den vielen Veränderungen im täglichen Leben müssen sie das Scheitern ihrer Pläne bewältigen – und das kann sich anfühlen, als sei das gesamte vorherige Weltbild eine Illusion gewesen, und es bleibe nur noch, die Scherben zusammenzukehren.

Sich während oder nach einer Trennung bzw. Scheidung vom Eheberater oder Paarberater unterstützen zu lassen, kann helfen, mit dem Trennungsschmerz besser umzugehen und die vergangenen Konflikte zu überwinden. Unter Einsamkeit leiden aber nicht nur diejenigen, die vom Partner verlassen worden sind und daher nach außen hin eher eine Opferrolle einnehmen könnten. Auch die, die ihren Partner verlassen bzw. die Trennung aktiv herbeigeführt haben, werden vielfach von Scham- und Schuldgefühlen gequält und fühlen sich einsam, weil sie sich selbst, ihr Verhalten und ihre gesamte Beziehungsfähigkeit in Frage stellen.

Einen Schlussstrich zu ziehen, wo anfangs alles lauter Liebe, Hoffnung, Sicherheit und Zuversicht war, ist bitter. Einsamkeit liegt hier ebenso nahe wie Gedanken an die Vergänglichkeit und die Sinnlosigkeit aller Liebesmühe. Ein geringer Trost, aber dennoch ein Trost kann darin liegen, dass auch die Einsamkeit vergänglich ist. Wer sie beenden will, dem stehen dazu viele Wege offen. Andere Menschen können dabei helfen, und auch die Zeit hilft mit. Denn das einzig Konstante im Universum ist die Veränderung – auf sie können wir in allen Lebenslagen setzen, und an sie zu glauben lohnt sich immer.

Ihre
Ilona von Serényi, Aachen-Oberforstbach

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