Gaslighting: Manipulation in der Beziehung

Gaslighting ist eine äußerst kritische Form der psychologischen Manipulation, bei der eine Person systematisch versucht, das Selbstwertgefühl, die Wahrnehmung und das Urteilsvermögen einer anderen zu untergraben. Als Manipulationsmethode ist Gaslighting besonders tückisch, weil der Gaslighter oder die Gaslighterin mit teils sehr subtilen Mitteln, viel Geduld und ausgefeilter Planung erreichen, dass die Opfer an ihrem eigenen Verstand zweifeln oder sogar die Realität komplett infrage stellen.

Die Manipulation geschieht oft schleichend und über einen langen Zeitraum hinweg durch systematisches Lügen, Verdrehen von Fakten und Leugnen von Ereignissen in Kombination mit Abwertung der Gedanken, Gefühle und Meinungen des Opfers. Im Kern geht es beim Gaslighting darum, Kontrolle über das Opfer zu erlangen und es abhängig zu machen, indem man seine Wahrnehmung der Realität manipuliert. Gaslighting ist äußerst schädlich für die psychische Gesundheit des Opfers; wer die Muster nicht rechtzeitig erkennt und sich aus dem Netz der Täuschungen und Manipulationen befreit, hat später häufig noch lange mit den Folgen zu kämpfen.

Wie alle Formen der fortgesetzten emotionalen Manipulation und des Missbrauchs kann Gaslighting traumatisierend sein und zu schwerwiegenden psychischen Erkrankungen führen. Die kontinuierliche Verzerrung der Realität, das Infragestellen der eigenen Wahrnehmung und die emotionale Ausbeutung können zur Folge haben, dass das Opfer unter Angstzuständen, Depressionen, Schlafstörungen oder Flashbacks leidet - typische Symptome auch für eine posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS).

Woher kommt der Begriff „Gaslighting“?

Der Begriff Gaslighting leitet sich von dem Theaterstück „Gas Light“ (auch „Angel Street“) von Patrick Hamilton aus dem Jahr 1938 her. Das Stück wurde später mehrmals verfilmt; in einer Verfilmung aus dem Jahr 1944 (deutscher Titel „Das Haus der Lady Alquist“) spielt Ingrid Bergman die Hauptrolle und erhielt dafür einen Oscar.

In „Gas Light“ bringt ein Ehemann seine Frau dazu, an ihrem Verstand zu zweifeln, indem er die Beleuchtung im Haus manipuliert. Obwohl seine Frau das Flackern bzw. Dunklerwerden der Gasbeleuchtung bemerkt, kann er sie davon überzeugen, dass sie sich das nur einbildet. Er versucht, sie glauben zu lassen, sie werde verrückt, und untergräbt ihre Wahrnehmung und ihr Selbstvertrauen.

Der Begriff „Gaslighting“ wird seither auch in der Psychologie häufig verwendet, um Manipulationsformen zu beschreiben, die darauf abzielen, die Realität bzw. Selbst- und Weltbild einer anderen Person infrage zu stellen, zu zermürben oder zu negieren.

Woran ist Gaslighting zu erkennen?

Gaslighting-Verhaltensmuster können in romantischen Liebesbeziehungen, Ehen und Partnerschaften ebenso auftreten wie im beruflichen Umfeld oder familiären Beziehungen. Zu den klassischen Verhaltensmustern von Gaslightern und Gaslighterinnen gehören:

1. Leugnen oder Verdrehen der Realität:

Gaslighter können Ereignisse im Nachhinein leugnen oder ihre Bedeutung verzerren, um das Opfer in Verwirrung zu stürzen. Oft wird zum Beispiel behauptet, ein bestimmter Vorfall habe nie bzw. nur in der Fantasie des Opfers stattgefunden.

Entsprechende Äußerungen, die auf Gaslighting hinweisen können, sind hier zum Beispiel:

  • „Das hast du dir nur eingebildet.“
  • „Das ist nie passiert.“
  • „Da spielt dir deine Erinnerung einen Streich.“
  • „Das musst du geträumt haben.“
  • „Wenn das so wäre, müsste ich mich doch auch daran erinnern.“
  • „Das hast du (mal wieder) völlig falsch verstanden.“

2. Unterstellungen und Vorwürfe

Gaslighter arbeiten häufig mit Vorwürfen und unterstellen dem Opfer unter anderem, sie oder er sei verrückt, paranoid, unzuverlässig oder nicht ernst zu nehmen. Dadurch werden Selbstwertgefühl, Wahrnehmung und Urteilsvermögen des Opfers kontinuierlich angegriffen, infrage gestellt und geschwächt.

Typische Äußerungen sind unter anderem:

  • „Du bist einfach zu empfindlich/sensibel.“
  • „Du musst doch sehen, dass du hier die Ursache bist/dass du das selbst verschuldet hast.“
  • „Das ist einfach lächerlich.“
  • „Versteh doch, dass dir dafür der Sinn/Verstand fehlt.“
  • „Das kannst du gar nicht beurteilen.“
  • „Du bist immer so emotional, das ist sehr anstrengend für mich.“
  • „Überlass das Denken lieber mir/den Pferden/jemandem, der sich damit auskennt.“

3. Isolation bzw. Abschottung

Gaslighter versuchen oft, ihr Opfer von seinen Unterstützungssystemen zu isolieren, etwa indem sie ihm einreden, dass niemand ihm glaubt oder alle gegen es sind. Dadurch wird das Opfer, wenn der Plan aufgeht, immer abhängiger und hilfloser.

Charakteristische Äußerungen oder „red flags“ in dieser Hinsicht sind etwa:

  • „Du brauchst doch niemanden außer mir.“
  • „Deine Freunde sind schlecht für dich, das merkst du doch auch.“
  • „Deine Familie versteht dich nicht/hat dich nie verstanden.“
  • „Was kann der/die dir denn bedeuten/geben, was du nicht von mir auch bekommst?“
  • „Niemand wird dir glauben, wenn du das erzählst.“

4. Wechselbad der Gefühle

Besonders oft wechseln Gaslighter zwischen Liebe und Grausamkeit, etwa zwischen liebevollen, zärtlichen Gesten und verletzenden Äußerungen oder grausamem Verhalten hin und her, um ihr Opfer zu verwirren und emotional zu destabilisieren. So wird das Opfer auch in permanenter Unsicherheit über die Beziehung selbst gehalten.

Typisch dafür sind widersprüchliche Äußerungen wie etwa:

  • „Ich liebe dich über alles, aber du bist das Schlimmste, was mir je passiert ist.“
  • „Eigentlich bist du mir egal, aber ohne dich kann ich nicht leben.“
  • „Du bist ein Fluch/eine Plage; ich weiß nicht, was mich immer wieder zu dir zieht.“
  • „Natürlich liebe ich dich, aber ich frage mich, ob du überhaupt weißt, was Liebe bedeutet.“
  • „Ich habe nie gesagt, dass ich das tun würde. Du musst mich missverstanden haben.“

5. Drohungen und Erpressung

Gaslighter drohen oftmals mit schlimmen Konsequenzen oder Gewalt, wenn das Opfer sich nicht fügt oder widerspricht. So wird das Opfer eingeschüchtert und manipuliert, um dem Gaslighter zu gehorchen und zu glauben.

Viele Drohungen oder Erpressungsversuche hören sich so oder ähnlich an:

  • „Wenn du mich verlässt, wirst du es bereuen.“
  • „Wenn du mir nicht glaubst, wird das schlimm für dich/für alle enden“
  • „Wenn du dich nicht (bald) änderst, wirst du mit den Konsequenzen leben müssen.“
  • „Wenn du nicht für immer allein sein willst, bleib lieber bei mir.“

6. Schuldzuweisungen

Schuld und Scham sind sehr starke Druckmittel, darum werden sie beim Gaslighting immer wieder gezielt eingesetzt.

Typisch dafür sind Äußerungen wie diese:

  • „Jetzt sieh dir an, wozu du mich gebracht hast/was du mich hast anrichten lassen.“
  • „Du bist schuld daran, dass ich mich so fühle.“
  • „Wenn du nicht so wärst, müsste ich nicht so reagieren.“
  • „Irgendwas muss bei dir doch völlig falsch laufen, dass du immer wieder in solche Situationen gerätst.“
  • „Hast du dich nie gefragt, ob das nicht alles an dir selber liegt?“
  • „Du musst einfach alles kaputtmachen, oder?“

Gaslighting und Social Media

In heutigen Beziehungen kann Gaslighting auf sehr vielfältige Weise stattfinden, insbesondere durch den großen Einfluss von Internet und Social Media auf Weltbild, Selbstwahrnehmung und Ansichten vieler Menschen.

„Modernes“ Gaslighting geht darum sehr häufig Hand in Hand mit:

  • Digitale Manipulation: Gaslighter nutzen digitale Kommunikationsmittel wie Text- und Sprachnachrichten, soziale Medien oder E-Mails, um ihre Opfer zu manipulieren. Beispielsweise werden Nachrichten gelöscht oder nachträglich verändert, um das Opfer in Verwirrung und Zweifel zu stürzen, wütend oder traurig zu machen.
  • Öffentliche Demütigung: Gaslighter stellen ihre Opfer auf Social-Media-Plattformen bloß oder demütigen sie, indem sie etwa unangemessene Kommentare veröffentlichen oder private Informationen preisgeben.
  • Selbstinszenierung: Manchmal wird in den sozialen Medien eine scheinbar perfekte Beziehung oder makellose Story inszeniert, um das Opfer zu manipulieren und unter Druck zu setzen. Werden nur positive Aspekte der Beziehung gezeigt und problematische Ereignisse verschwiegen, führt das häufig auch dazu, dass Freunde oder Bekannte dem Opfer nicht mehr glauben bzw. dessen Wahrnehmung oder Äußerungen infrage stellen.
  • Manipulative Likes, Kommentare etc.: Gaslighter können durch ihre Reaktionen auf Social-Media-Beiträge subtilen Druck ausüben oder ihre Opfer manipulieren. Indem sie etwa Beiträge des Opfers ignorieren oder abwerten, können sie dessen Selbstzweifel verstärken und Realitätswahrnehmung beeinflussen.
  • Überwachung und Kontrolle: Gaslighter versuchen fast immer, das Verhalten ihrer Opfer zu überwachen, zu kontrollieren und auch aktiv zu steuern, um deren Autonomie zu untergraben. Das kann auch im Internet geschehen, etwa indem sie verlangen, dass Aktivitäten auf Social Media eingeschränkt oder bestimmte Kontakte blockiert werden.

Motive/Gründe für Gaslighting – Warum tun Menschen das?

Die häufigsten Gründe für Gaslighting sind Macht und Kontrolle über eine andere Person, aber auch der Wunsch, damit eigene Unsicherheiten zu kaschieren, Konflikte zu vermeiden oder das eigene Handeln zu rechtfertigen. Gaslighting kann das Opfer vom Täter oder der Täterin abhängig machen, weil es die Selbstwahrnehmung und die Fähigkeit, unabhängig zu denken, zunehmend beeinträchtigt. Dabei geschieht Gaslighting nicht immer bewusst und planvoll: In manchen Fällen ist sich die eine Person ihres manipulativen Verhaltens nicht bewusst und/oder die andere bemerkt nicht, dass und wie sie beeinflusst wird. Das ist jedoch vergleichsweise selten – und noch viel seltener kann daraus eine glückliche, erfüllende Beziehung auf Augenhöhe erwachsen.

Wenn Menschen in einer Beziehung zu Gaslightern werden, liegen oft tiefere psychologische Motive zugrunde. Eines der Hauptmotive ist das Bedürfnis nach Macht. Viele Gaslighter wollen die volle Kontrolle über ihre Opfer, sei es in einer Liebesbeziehung, am Arbeitsplatz oder in der Familie. Indem sie die Realität manipulieren und (Selbst-)Zweifel säen, versuchen sie, ihre Opfer zu dominieren. Weitere Motive sind Selbstschutz und Egoismus. Viele Gaslighter haben ein besonders starkes Bedürfnis, ihr eigenes Ego zu schützen und sich vor Kritik oder Konsequenzen zu bewahren. Indem sie die Schuld auf ihre Opfer abwälzen und deren Realität infrage stellen, können sie ihre eigenen Fehler vertuschen und sich als unschuldig darstellen.

Nicht zuletzt leiden Gaslighter nicht selten selbst unter psychischen Störungen, die zu manipulativem und/oder destruktivem Verhalten in Partnerschaften und Beziehungen führen. So neigen u. a. Personen mit narzisstischen Persönlichkeitsstörungen oder antisozialen Persönlichkeitszügen dazu, Gaslighting-Taktiken einzusetzen, um ihre eigenen Bedürfnisse zu erfüllen und ihre Ziele zu erreichen. Auch Menschen, die an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung erkrankt sind, können aufgrund der damit verbundenen emotionalen Instabilität sowohl zu Tätern als auch zu Opfern in manipulativen bzw. toxischen Beziehungen werden.

Gaslighting schädigt alle Beteiligten

Gaslighting schädigt nicht nur die Opfer, sondern auch die Gaslighter selbst. Durch das wiederholte, gewohnheitsmäßige Lügen, Manipulieren und Verdrehen der Realität verlieren viele ihr eigenes und das Vertrauen der anderen. Der Verlust an Integrität und Glaubwürdigkeit kann alle zwischenmenschlichen Beziehungen erheblich beeinträchtigen; niemand ist klug und „böse“ genug, um langfristig alle täuschen und manipulieren zu können. Auch Isolation und Einsamkeit treffen die Täter oft mit, da sie aufgrund ihres manipulativen Verhaltens die eigenen Unterstützungssysteme ebenso verlieren. Generell ist es für Menschen, die zu solchem Verhalten neigen, sehr schwer, echte Verbindungen zu anderen aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Etliche schämen sich auch für ihr Handeln oder ihre „Natur“, die sie dazu bringt, sich und anderen zu schaden. Das Unterdrücken oder Rationalisieren von Schuldgefühlen kann zu einem weiteren Teufelskreis führen und dafür sorgen, dass die ohnehin meist extrem verzäunigten Beziehungsstrukturen noch komplizierter und schwerer aufzubrechen und zu überwinden sind.

In jedem Fall ist Gaslighting ein schädliches Verhalten, das vor allem für die Opfer verheerende Folgen haben kann. Gaslighting-Opfer brauchen daher kompetente Unterstützung und Hilfe, um die schädlichen Muster zu erkennen, sich aus der manipulativen Dynamik zu befreien und ihr Selbstwertgefühl wiederherzustellen. Oft geht es so weit, dass wirklich von einem „verlorenen Leben“ oder „verlorener Identität“ gesprochen werden kann; viel Kraft, Zeit und professionelle Hilfe sind dann nötig, um das eigene Leben, Autonomie, Sicherheit und Vertrauen wiederzufinden und zurückzubekommen. Als erfahrene Psychotherapeutin und Paarberaterin stehe ich meinen Klientinnen und Klienten nicht nur zur Seite, wenn es darum geht, eine Ehe oder Beziehung zu retten, sondern auch, wenn es wichtig ist, sich aus einer toxischen Beziehung zu befreien oder nach einer schwierigen Trennung gesunde Bewältigungsstrategien zu entwickeln.

Wie erkenne ich Gaslighting in meiner Beziehung?

Gaslighting in einer Beziehung kann sehr schwer zu erkennen sein, da es üblicherweise nicht von heute auf morgen passiert, sondern sich subtil „einschleicht“.

Hier sind einige Anzeichen, auf die Sie achten können, um Gaslighting in Ihrer Beziehung rechtzeitig zu erkennen:

  • Leugnen von Ereignissen oder Verweigern von Zustimmung, obwohl Sie sicher sind, das Entsprechende erlebt/gesehen/gehört zu haben.
  • Wiederholte Versuche Ihres Partners oder Ihrer Partnerin, Ihre Gefühle oder Wahrnehmungen als falsch oder übertrieben darzustellen.
  • Häufige Versuche, Ihnen bei alltäglichen oder speziellen Erlebnissen die Wertungs- oder Interpretationshoheit abzusprechen.
  • Veränderungen in Ihrem Selbstbewusstsein oder Ihrer Selbstwahrnehmung, einschließlich Zweifel am eigenen Verstand oder Ihren Erinnerungen.
  • Isolation oder zunehmende Entfremdung von Freunden, Familie oder anderen potenziellen Unterstützern und Helfern, die Ihre Wahrnehmungen oder Schlussfolgerungen bestätigen könnten.
  • Sie fühlen sich immer häufiger verwirrt, unsicher oder inkompetent und zweifeln zunehmend an Ihren Gedanken und Gefühlen.

Wenn Sie solche Anzeichen an sich oder in Ihrer Beziehung bemerken, sollten Sie unbedingt mit Menschen sprechen, denen Sie vertrauen und die Ihnen helfen können. Oft ist Trennung die beste oder sogar einzige Lösung, um eine missbräuchliche, toxische Beziehung zu beenden. Doch gibt es auch Konstellationen, in denen es schwer oder unmöglich ist, Täter und Opfer klar voneinander abzugrenzen, Manipulation unbewusst stattfindet oder beide Partner gemeinsam eine Therapie machen möchten, um ihre Beziehung zu stabilisieren, „gesünder“ zu gestalten und doch noch zusammen glücklich zu werden.

Als erfahrene Paarberaterin/Paartherapeutin kenne ich mich mit Gaslighting und manipulativem Verhalten in Beziehungen sehr gut aus und biete Ihnen – auch ohne Ihren Partner oder Ihre Partnerin! – einen geschützten Raum und sicheren Rahmen, um über Ihre Erfahrungen, Ängste und Bedürfnisse zu sprechen, problematische Situationen zu bewerten und gangbare Lösungswege zu finden, auch bei tiefgehenden und langjährigen Konflikten.

Ihre
Ilona von Serényi, Aachen-Oberforstbach

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