Hausarbeit als Ursache für Beziehungsprobleme
„Das bisschen Haushalt ist doch kein Problem, sagt mein Mann.“ Dieser Schlager von Johanna von Koczian aus dem Jahr 1977 hat auch in unserer Zeit kaum an Aktualität eingebüßt. Denn Umfragen belegen, dass heute immer noch die Hausarbeit meistens und zu größeren Teilen in das Aufgabenfeld der Frau fällt. Und von dieser meist ohne größere Anerkennung oder regelmäßiges Lob des Partners erledigt wird.
Ob das Putzen des gemeinsamen Haushaltes, Einkaufen oder Kochen für die gesamte Familie: Immer noch werden diese Tätigkeiten meistens von der Frau übernommen, die sich damit in ein traditionelles Rollenbild einfügt, das eigentlich in unserer Zeit gesellschaftlich als überholt gilt. Da wird auf der einen Seite in der Politik und in großen Unternehmen eine Frauenquote festgelegt, um mehr Frauen den Zugang zu Führungspositionen zu ermöglichen, und nach Feierabend stehen dennoch die Frauen am Herd, kümmern sich um Haushalt, Wäsche und die Kindererziehung.
Besonders problematisch wird eine solche Ungleichverteilung der Hausarbeit dann, wenn in der Partnerschaft beide Partner einem Beruf nachgehen, also nicht die Frau in konsequenter Umsetzung einer traditionellen Rollenverteilung zu Hause bleibt und „nur“ Hausfrau und Mutter ist. Eine solche Doppelbelastung für die Frau stellt in vielen Familien eine Realität dar, denn oft reicht ein Einkommen nicht mehr aus, um sämtliche laufenden Kosten zu decken und Wünsche der Familie zu verwirklichen.
Warum bleibt die Hausarbeit an den Frauen hängen?
Wer mit seiner Rolle und der daraus resultierenden Arbeitsbelastung und -verteilung zufrieden ist, sich weder überfordert noch benachteiligt fühlt und auch kein Lob- bzw. Anerkennungsdefizit verspürt, braucht weder Hilfe noch Nachhilfe. Problematisch wird Hausarbeit in der Partnerschaft immer dann, wenn sie mit dem Gefühl der Ungerechtigkeit verbunden ist.
Es wäre übereilt und auch oberflächlich, einfach den Männern die Schuld daran zuzuschieben, dass auch bei ausgeglichenem Berufsstatus und -engagement in der Partnerschaft die Hausarbeit vorrangig der Frau überlassen bleibt. Übereilt deswegen, weil von einer Schuld erst dann gesprochen werden kann, wenn sich auch jemand benachteiligt fühlt – und wenn sowohl der vermeintliche Täter auch das vermeintliche Opfer die Chance haben, sich ihres Verhaltens bewusst zu werden, es zu überdenken und gegebenenfalls zu ändern bzw. sich neu aufeinander abzustimmen.
Viele berufstätige Frauen fühlen sich in der Beziehung nicht benachteiligt, obwohl sie deutlich mehr Hausarbeit leisten als ihr berufstätiger Partner. Manche Frauen haben das traditionelle Geschlechterbild sogar so tief verinnerlicht, dass sie es selbst dann noch als ihre Pflicht verstehen, neben der Berufstätigkeit die Hausarbeit zu übernehmen, wenn der Partner arbeitslos ist oder aus anderen Gründen mehr Zeit für die Hausarbeit hätte.
Ebenso haben viele Männer schon in der Kindheit erfahren, dass Hausarbeit Frauensache ist. Um ihr derart eingeprägtes und angewöhntes Geschlechterverständnis zu „renovieren“, bedarf es deutlicher Signale und verständlicher Botschaften: Vorwürfe erzeugen eher Gegenvorwürfe oder führen zum Abspulen üblicher Rechtfertigungs-, Verteidigungs- oder Fluchtstrategien. Vorschläge oder Bitten bringen gemeinhin mehr Erfolg. Viele Männer reagieren überraschend willig und kooperativ auf klare Ansagen, die auf nachvollziehbaren Fakten beruhen – was beweist, dass sie sich des Problems vorher nicht bewusst waren oder ihren Teil daran erziehungsbedingt nicht wahrnehmen konnten.
Wann ist Hausarbeit ungerecht verteilt?
Ungerechtigkeit bei der Arbeitsverteilung zwischen Mann und Frau lässt sich schwer in Zahlen messen. Weder die für die Arbeit aufgebrachte Zeit noch einzelne Belastungsfaktoren wie körperlicher oder geistiger Stress können hier als Maßstäbe angelegt werden, da die gefühlten Toleranzgrenzen und nötigen Regenerationszeiten individuell variieren. Auch vergleichen sich Männer vorwiegend mit Männern, während sich Frauen gern mit anderen Frauen vergleichen – auch hierbei kommen eher subjektive als objektive Werte heraus, die sich zum präzisen Aufrechnen nicht eignen.
Ein ganz wichtiger Faktor – die Anerkennung des Geleisteten – ist ebenfalls nicht jedem bei jeder Art von Tätigkeit gleich wichtig. Sie schwankt sogar mit der Tagesform: Wer sich schwach fühlt und trotzdem alle Routinearbeiten schafft, hat außer der üblichen Arbeit ein hohes Maß an Disziplin und Zuverlässigkeit bewiesen, für das ein Lob gerade an schwachen Tagen besonders gut tut. An starken Tagen oder für Aufgaben, die generell gern erledigt werden, ist das Bedürfnis nach Anerkennung generell weniger ausgeprägt.
Belastend und gefährlich für Liebe und Partnerschaft wird Ungerechtigkeit bei der Hausarbeit, wenn sich das Gefühl dauernder Benachteiligung einschleicht und über einen längeren Zeitraum hinweg verfestigt. Denn dann geht es ans Eingemachte: Ans Selbstbewusstsein. Wer sich „unter Wert“ behandelt fühlt und Wesentliches wie Respekt und Aufmerksamkeit von Seiten des Partners dauerhaft vermisst, beginnt innerlich zu rebellieren. Emotionale Distanzierung vom Partner, Streitlust und der Wunsch, Gleiches mit Gleichem zu vergelten, können daraus resultieren und für Spannungen und Eheprobleme sorgen. Auch Erschöpfungszustände, depressive Verstimmung, Angst und Schlaflosigkeit sind häufige Folgen eines Ungerechtigkeitsgefühls, ebenso nachlassende Libido oder chronische Beschwerden, etwa Verspannungen, Kopfschmerzen und Verdauungsbeschwerden.
Gleichheit und Gerechtigkeit fühlbar machen
Ausschlaggebend für die gerechte Verteilung von Berufsbelastung und Hausarbeit ist also das Gefühl der Beteiligten, nicht deren tatsächliches Arbeitsaufkommen und spezifische Arbeitsaufgaben. Wichtig ist ein verträgliches Gleichmaß geliebter und ungeliebter Aufgaben – jeder Partner sollte in seinem Verantwortungsbereich ausreichend Aufgaben haben, die ihn auch innerlich erfüllen und das Selbstwertgefühl stärken.
Daraus folgt, dass Gleichmacherei nicht automatisch zu Gerechtigkeit führt. Gewinnbringend für beide Partner ist das Zuteilen von Hausarbeit nach den Vorlieben. Fast immer lässt sich für Klassiker wie Fensterputzen, Müllwegbringen, Einkaufen, Helfen bei den Hausaufgaben, Jäten oder Geschirr wegräumen zumindest einer ermitteln, dem es weniger ausmacht oder dem der Rücken dabei weniger schmerzt. Was keiner mag, wird abwechselnd erledigt – hier können gemeinsam erarbeitete Listen hilfreich sein. Kinder sollten entsprechend ihrem Alter und ihren Fähigkeiten zur Mitverantwortung herangezogen werden und eigene feste Aufgaben übernehmen.
Wer die finanziellen Möglichkeiten hat, kann eine Haushaltshilfe engagieren, die etwa einmal pro Woche die unbeliebtesten Arbeiten erledigt. Auch Auszeiten wirken Wunder, etwa einen Tag lang bewusst die Hausarbeit hintanzustellen und sich stattdessen einen langen Abend zu zweit zu gönnen. Natürlich muss es dann auch beim Aufarbeiten am nächsten Tag gerecht zugehen.
Durch das Besprechen und Sortieren aller anfallenden Hausarbeiten rückt auch deren Wichtigkeit und Vielfalt in den Fokus, was für viele Hausarbeitsmuffeln den notwendigen ersten Schritt zum Umdenken bedeutet. Sie erkennen, dass es eben nicht nur „das bisschen Haushalt“ ist, sondern ein komplexes und hochintensives Aufgabenfeld, das – ähnlich dem Arbeitsalltag eines Angestellten oder Unternehmers – Kreativität, Wachheit und Flexibilität ebenso erfordert wie das Bewältigen von monotonen Fleißaufgaben und das Durchhalten an schwierigen Tagen.