Wie man erfolgreich eine Beziehungskrise meistert

Eben hatte man noch Schmetterlinge im Bauch und die rosarote Brille auf. Doch über die Zeit hinweg schleichen sich erste Probleme ein. Vielleicht stellt der Partner oder die Partnerin eines Tages fest, dass man trotz des gemeinsamen Lebens kaum noch gemeinsame Aktivitäten teilt. Es scheint fast so, als lebe man aneinander vorbei.  

Werden solche Beziehungsprobleme nicht rechtzeitig gelöst, stellt das Paar vielleicht irgendwann fest, dass es in einer waschechten Beziehungskrise steckt. Viele stehen dann vor der Frage: Sollen wir die Beziehung retten oder beenden?

Manchmal lohnt es sich, die Flinte nicht gleich ins Korn zu werfen. Denn eine Krise muss nicht zwangsläufig das Ende bedeuten, sondern kann zur wertvollen Phase einer Beziehung werden.

Ursachen einer Beziehungskrise  

Dass die Beziehungszufriedenheit im Verlauf einer Partnerschaft schwankt, ist zunächst völlig normal. Eine Meta-Analyse von Bühler und Kollegen aus dem Jahr 2021 zeigt, dass die Zufriedenheit in den ersten 10 Jahren einer Beziehung konstant sinkt. Nach 10 Jahren erreicht sie laut Daten einen Tiefpunkt, um dann bis zum 20. Jahr wieder anzusteigen.  

Solche Schwankungen sind also kein Grund zur Sorge. Wenn die Probleme jedoch tiefgreifender sind, können daraus ernsthafte Beziehungskrisen entstehen, die aktives Handeln erfordern. Für eine solche Beziehungskrise gibt es diverse Ursachen.

Mangelnde Kommunikation  

Wenn Paare nicht klar und offen miteinander sprechen, entstehen Missverständnisse. Manche Paare halten zum Beispiel aus Angst vor Konflikten ihre Wünsche und Bedürfnisse zurück, was langfristig zu Frustration führt.  

Unterschiedliche Kommunikationsstile verstärken dies: Ein Partner will Probleme offen ansprechen, der andere zieht sich zurück oder reagiert wütend. Negative Muster wie Kritik oder Sarkasmus können auf Dauer das Vertrauen zerstören und so der Auslöser für eine Beziehungskrise sein.  

Unerfüllte Erwartungen  

Unerfüllte Erwartungen entstehen, wenn Partner unterschiedliche Vorstellungen haben, wie die Beziehung funktionieren sollte. Diese Erwartungen bleiben häufig unausgesprochen, was zu Frustration und Entfremdung führt.  

Manche Erwartungen sind zudem idealistisch oder unrealistisch. Wenn Flexibilität und Kompromissbereitschaft fehlen, können unerfüllte Erwartungen dann Konflikte auslösen. Deshalb sollten Paare ihre Erwartungen klar kommunizieren und gemeinsam anpassen.  

Alltagsstress  

Alltagsstress durch Arbeit, Geldsorgen oder familiäre Pflichten kann ebenfalls Beziehungskrisen auslösen. Es bleibt weniger Zeit und Energie für die Partnerschaft. Die Kommunikation wird oberflächlich und Konflikte nehmen zu. So führt Stress dazu, dass Partner sich emotional entfernen. Man fühlt sich einsam und beginnt, an der Beziehung zu zweifeln.  

Untreue  

Untreue kann eine Beziehung zutiefst erschüttern, da sie Vertrauen und Nähe zerstört. Sie ist oft ein Symptom tieferer Probleme wie emotionaler Distanz oder unerfüllter Bedürfnisse. Menschen suchen in einer Affäre oft das, was in ihrer Beziehung fehlt – Nähe, Bestätigung oder Leidenschaft.  

Die Folgen sind meist schmerzhaft: Vertrauensbruch, Wut, Trauer und Unsicherheit. Untreue kann das Selbstwertgefühl des betrogenen Partners stark verletzen und stellt eine massive Bedrohung für die Beziehung dar.  

Eifersucht  

Eifersucht entsteht aus Unsicherheit, Verlustangst oder mangelndem Vertrauen und kann langfristig ebenfalls eine Beziehungskrise herbeiführen. Ursachen für Eifersucht sind oft frühere Erfahrungen oder ein geringes Selbstwertgefühl.  

Anzeichen einer Beziehungskrise  

Manchmal scheinen Beziehungskrisen aus dem Nichts zu kommen. Doch bei genauerem Hinschauen lassen sich Anzeichen erkennen.  

Zunehmende Konflikte  

Häufigere und intensivere Konflikte sind ein mögliches Zeichen dafür, dass Sie auf eine Beziehungskrise zusteuern. Entscheidend ist oft, wie mit Streit umgegangen wird. Wenn Auseinandersetzungen eskalieren und in Vorwürfen oder persönlichen Angriffen enden, zeigt das womöglich tiefer liegende Probleme auf. Wiederholte Streitpunkte wie Geld oder Eifersucht ohne Klärung deuten auf ungelöste Bedürfnisse hin. Auch stille, also unausgesprochene Konflikte führen auf Dauer zu Entfremdung.  

Emotionale Distanz  

Wenn Partner sich innerlich voneinander entfernen, schwindet auch das Gefühl der Nähe. Anzeichen emotionaler Distanz sind seltenere Gespräche, fehlende Intimität und das Zurückziehen der Partner. Probleme und Sorgen werden nicht mehr geteilt, was zu Einsamkeit in der Beziehung führt.  

Fehlende Intimität  

Nachlassende Intimität, sowohl körperlicher als auch emotionaler Natur, können ebenfalls ein Anzeichen für eine Beziehungskrise sein. Wenn körperliche Nähe, wie Berührungen, Umarmungen und Küsse und intime Gespräche zur Seltenheit werden, kann das auf tieferliegende Probleme hindeuten. Paare sollten in einer solchen Situation deshalb einmal genauer hinschauen.  

Mangelnder Respekt  

Mangelnder Respekt ist ein deutliches Warnsignal für eine Krise. Er zeigt sich durch abwertende Bemerkungen, sarkastische Kommentare, Ignorieren oder Desinteresse. Solches Verhalten verletzt Vertrauen und emotionale Sicherheit. Respekt ist die Basis jeder Partnerschaft und drückt sich durch Wertschätzung und einen liebevollen Umgang aus. Geht der Respekt verloren, steht die Krise vor der Tür. Es besteht dringender Handlungsbedarf.  

Was tun bei Beziehungskrise: Strategien zur Krisenbewältigung  

Viele Paare stellen sich die Frage: Beziehungskrise - Was tun wir nun? Für die Bewältigung schwerer Zeiten gibt es keine Standardlösung. Sie muss immer auf den Einzelfall angepasst sein.  

Allerdings kann in einer Krise an verschiedenen Stellen gearbeitet werden: Man kann an sich persönlich arbeiten, die Krise als Paar oder im Rahmen einer Paartherapie angehen.  

Auf individueller Ebene an der Beziehungskrise arbeiten: Selbstliebe, Selbstreflexion und persönliche Entwicklung  

Um eine Beziehungskrise zu überwinden, ist es hilfreich, bei sich selbst anzufangen. Eine Krise kann beängstigend sein. Deshalb ist es besonders in einer solchen Phase wichtig, die eigene Selbstliebe zu stärken. Das bedeutet, sich selbst mit all seinen Ecken und Kanten anzunehmen und gut für die eigenen Bedürfnisse zu sorgen. Wer sich selbst wertschätzt und respektiert, kann auch in einer Beziehung klare Grenzen setzen und authentisch bleiben.  

Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Selbstreflexion. Nur damit können eigene Anteile erkannt und alte Muster überwunden werden. Diese Muster stammen meist aus der Kindheit oder früheren Beziehungen und beeinflussen, wie man auf Konflikte reagiert. Durch Achtsamkeit und den bewussten Einsatz neuer Verhaltensweisen können diese Muster nach und nach verändert werden. Auf diese Weise entsteht Raum für positive Veränderungen und eine stabilere, gesündere Partnerschaft.  

Eine Beziehungskrise bietet Ihnen die Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung. Oftmals gelingt es erst in schweren Zeiten, sich mit den eigenen Verhaltensmustern auseinanderzusetzen und neue Fähigkeiten zu entwickeln, wie etwa bessere Kommunikationsstrategien. Indem man sich aktiv um sein eigenes Wachstum bemüht, kann man Konflikte besser lösen und den Beziehungsalltag positiver gestalten.  

Beziehungskrise als Paar bewältigen: offene Kommunikation und Selbstreflexion  

Befindet man sich erstmal in der Krise, ist es für die meisten Paare sinnvoll, gemeinsam an der Beziehung zu arbeiten. Dafür ist es wichtig, ehrlich über Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche zu sprechen, auch wenn diese unangenehm oder schmerzhaft sind.  

Statt Vorwürfen und Schuldzuweisungen sollte der Fokus auf einem respektvollen Dialog liegen, der Verständnis für die Perspektive des anderen schafft. Hierbei spielt aktives Zuhören eine zentrale Rolle: dem Partner wirklich Aufmerksamkeit zu schenken, ohne zu unterbrechen oder zu urteilen.  

Auch wenn man als Paar an der Beziehung arbeitet, spielt die Selbstreflexion eine bedeutende Rolle. In Krisenzeiten neigen manche dazu, die Schuld beim anderen zu suchen, statt das eigene Verhalten zu hinterfragen. Selbstreflexion bedeutet, sich ehrlich mit den eigenen Gefühlen, Reaktionen und Verhaltensmustern auseinanderzusetzen.  

Um bereits langanhaltende Konflikte zu lösen, kann es hilfreich sein, eigene Anteile an der Situation zu klären und sich zu fragen, welche Erwartungen und Bedürfnisse unausgesprochen geblieben sind. Dieser Prozess erfordert Geduld und Mut, denn er zwingt einen, sich den eigenen Schwächen und Fehlern zu stellen. Doch wer bereit ist, sich selbst besser kennenzulernen und Verhaltensmuster zu überdenken, kann wesentlich zur Verbesserung der Beziehung beitragen.  

Mit Paartherapie durch die Beziehungskrise  

Wenn ein Paar feststellt, dass es sich trotz guter Intention nicht allein aus der Beziehungskrise arbeiten kann, kann es eine Paar- oder Ehetherapie in Erwägung ziehen. Die Entscheidung für professionelle Unterstützung bietet eine Vielzahl von Vorteilen.  

Ein Außenstehender kann bei Beziehungsproblemen oftmals besonders wertvollen Rat geben. Denn wer selbst betroffen ist, sieht oft nicht klar oder findet es schwer, eine zielführende Strategie zu entwickeln.  

Beim Eheberater oder Paarberater wird in einem moderierten Rahmen der Raum für Gefühle geöffnet. Dabei gibt es keine Tabu-Themen. Man kann frei sprechen, ohne Angst zu haben, zu viel zu sagen.  

Der Berater bleibt professionell distanziert, um seinen Klienten zu schützen und selbst einen klaren Kopf zu bewahren. Er kann mit komplexen Themen und starken Gefühlen umgehen. Er bleibt dabei unparteiisch, um so die beste Lösung für beide zu finden.  

In der Paartherapie werden Ziele definiert, die man erreichen will. Es werden Hauptziele, wie die Rettung der Ehe oder das Wiedererlangen des Glücks, und Teilziele, wie eine bessere Kommunikation, gemeinsame Rituale oder neue Verhaltensweisen, erarbeitet.  

Auch Vergangenes aufzuarbeiten kann dabei wichtig sein. Beim Paarberater geht es jedoch nicht darum, sich in Vorwürfen oder Passivität zu verlieren. Der Blick zurück ist nur sinnvoll, wenn er zu mehr Vertrauen und Zuversicht für die Zukunft beiträgt.  

Paartherapie entfaltet ihre beste Wirkung, wenn beide Partner aktiv an der Erreichung ihrer gemeinsamen Ziele mitarbeiten. Möchte ein Partner nicht mitwirken, können Klienten es jedoch auch als hilfreich empfinden, allein Beratungstermine wahrzunehmen.  

Beziehungskrise als Chance  

Beziehungskrisen sind oft mit Schmerz und Unsicherheit verbunden. In Momenten, in denen Konflikte aufbrechen, Missverständnisse eskalieren oder eine Distanz zwischen den Partnern entsteht, scheint die Beziehung auf der Kippe zu stehen.  

Es ist verständlich, dass solche Situationen beängstigend wirken. Doch Krisen sind nicht nur Bedrohungen – sie weisen auf Schwachstellen hin und bieten ein enormes Potenzial zur Verbesserung der Beziehung.   

Das Potenzial der Krise  

Krisen zwingen uns, hinzuschauen – auch dort, wo wir lieber wegsehen würden. Sie machen auf ungelöste Konflikte und festgefahrene Muster aufmerksam, die im Alltag oft übersehen werden.  

Oft sind es wiederkehrende Streitigkeiten, unausgesprochene Erwartungen oder tiefer liegende Verletzungen, die nicht thematisiert wurden. Die Krise fungiert als Weckruf, indem sie uns zeigt, welche Aspekte in der Beziehung nicht funktionieren und bearbeitet werden müssen. Ohne diesen Druck würden viele Paare vielleicht nie die grundsätzlichen Probleme ihrer Beziehung angehen.  

In einer Krise werden wir oft mit unangenehmen Fragen konfrontiert: Warum geraten wir immer wieder in dieselben Konflikte? Welche Erwartungen haben wir an den anderen?  

Diese Fragen können zu einem tieferen Verständnis führen – nicht nur für den Partner, sondern auch für uns selbst. Solche Reflexionen ermöglichen es, die Krise als fruchtbaren Boden für persönliches und gemeinsames Wachstum zu nutzen.  

In einer Krise steckt auch die Chance, neue Visionen für die Beziehung zu entwickeln. Anstatt zur alten Normalität zurückzukehren, können Paare sich fragen, welche Art von Beziehung sie wirklich führen möchten. Was ist ihnen wichtig? Durch die aktive Gestaltung einer gemeinsamen Zukunft kann eine tiefere Verbundenheit entstehen.  

Kann eine Beziehung nach einer Krise wieder funktionieren?  

Niemand kann garantieren, dass eine Beziehung eine Krise überlebt. Doch obwohl Krisen bedrohlich erscheinen, bergen sie auch ein großes Potenzial für Wachstum. Sie fordern uns auf, uns den schwierigen Fragen zu stellen und die Beziehung auf eine neue Basis zu stellen. Indem wir Krisen als Chancen begreifen, schaffen wir die Grundlage für eine tiefere und erfüllendere Partnerschaft. Eine Beziehung kann nach einer Krise wieder funktionieren - manchmal sogar besser als davor. Egal ob zu zweit oder durch die Hinzunahme professioneller Hilfe - nutzen Sie ihre Beziehungskrise, um gestärkt daraus hervorzugehen.  

Ihre  

Ilona von Serényi aus der Paarberatung Aachen 

Zuletzt aktualisiert: 26.09.2024

 

Quelle(n):

Studie über Beziehungszufriedenheit: Bühler, J. L., Krauss, S., & Orth, U. (2021). Development of relationship satisfaction across the life span: A systematic review and meta-analysis. Psychological bulletin, 147(10), 1012–1053.