Selbstliebe und Beziehung: Wie sich das eigene Selbstbild auf die Partnerschaft auswirkt
Liebe ist die stärkste Zuneigung, die wir erleben können. Ob für andere Menschen, Tiere, die Natur oder einen bestimmten Ort, eine Erinnerung oder einen Traum: Die Liebe ist ebenso universal wie erhebend. Das gilt auch (und besonders) für die Selbstliebe. Doch gerade mit der Liebe zu sich selbst scheinen immer mehr Menschen Probleme zu haben.
Was genau bedeutet Selbstliebe?
Der Begriff der Selbstliebe ist sinnverwandt mit anderen Begriffen wie Selbstachtung, Selbstvertrauen oder Selbstwert. Grundsätzlich ist gemeint, sich selber ohne Einschränkungen, Ausnahmen oder Relativierungen zu lieben, anzunehmen und wertzuschätzen. Selbstliebe ist damit ein Schlüssel dazu, Glück und Zufriedenheit zu erleben, zuzulassen und auch anderen zu wünschen.
Die Ursachen für mangelnde Selbstliebe liegen – wie so oft – in der frühen Kindheit. Damit sich Selbstliebe entwickeln und verstärken kann, brauchen Menschen ein liebevolles, achtsames Umfeld. Ohne emotionale Sicherheit fällt es deutlich schwerer, sich selbst in der Kindheit, Pubertät und danach liebevoll an- und wahrzunehmen und damit die Basis für erfüllte, liebevolle Beziehungen zu anderen Menschen zu schaffen. Sich selber auch mit den eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten anzunehmen, sich vergeben und sich mit sich selbst versöhnen zu können, hilft nicht nur in der Partnerschaft, sondern in allen Lebenslagen. Es gibt also viele gute Gründe, sich liebevoll(er) mit sich selber zu beschäftigen.
Ist Selbstliebe für eine glückliche Partnerschaft unverzichtbar?
Eine erfüllte und auf Dauer angelegte Partnerschaft ist ohne Selbstliebe beider Partner kaum denkbar. Denn nicht nur braucht es die Liebe von mir zu meinem Partner oder meiner Partnerin und die Liebe von ihm bzw. ihr zu mir. Wir müssen auch beide fähig und bereit sein, uns selbst zu lieben, und zwar mit allen Unzulänglichkeiten und Unvermeidbarkeiten. Sonst ist eine dauerhaft glückliche Partnerschaft auf Augenhöhe nicht möglich.
Fehlende Selbstliebe und mangelndes Selbstwertgefühl führen zu innerer Unausgeglichenheit und sorgen darum sehr häufig für Streit und Konflikte in der Partnerschaft. Wer sich selber nicht wertschätzt, kann auch die Wertschätzung anderer meist gar nicht oder nur mit Einschränkungen annehmen, was auf Dauer unweigerlich zu weiteren Konflikten führt. Auch übertriebene Eifersucht, emotionale Abhängigkeiten und andere ungesunde oder „toxische“ Verhaltensmuster in Beziehungen sind typisch für Menschen, die sich selbst nicht genug lieben und daher dazu neigen, ihre Gefühle (z. B. Ängste oder Wünsche) auf ihre Partnerinnen und Partner zu projizieren. Diese Auslagerung von angstbesetzten oder konfliktbeladenen Empfindungen ist aus psychologischer Sicht ein Abwehrmechanismus. In Beziehungen behindern Projektionen häufig die konstruktive Kommunikation oder Kritik, sorgen für Streit und stehen bei Problemlösungen im Weg.
Ist Selbstliebe also für eine glückliche Partnerschaft unverzichtbar? Aus meiner praktischen Erfahrung in der Paarberatung kann ich sagen: Ja. Selbstliebe gehört zur Basis jeder glücklichen Ehe und Partnerschaft. Nur mit ihr können wir viele Jahre oder ein ganzes Leben lang glücklich miteinander sein.
Eine gute Nachricht: Es ist nie zu spät, sich selber lieben zu lernen. Oder eine noch kleine, schüchterne oder unerfahrene die Selbstliebe zu stärken und wachsen zu lassen. Im Folgenden habe ich 8 Tipps für Sie zusammengestellt, mit denen Sie diese glücklich machende, elementare Fähigkeit trainieren können.
Selbstliebe lässt sich lernen: 8 Tipps, um liebevoller mit sich selbst zu werden
1. Nehmen Sie sich Zeit für sich selbst
Planen Sie im Alltag regelmäßig Zeitfenster ein, in denen Sie nur an sich denken müssen. Nutzen Sie diese Auszeiten, um zur Ruhe zu kommen, zu entspannen und neue Energie zu tanken. Versuchen Sie, Ihre „Selbstzeit“ zu genießen und wirklich für sich zu nutzen – etwa, indem Sie nach innen lauschen und sich bewusst machen, was Sie jetzt brauchen und wünschen. Pflichten oder Ziele gibt es nicht; wollen Sie am liebsten nur Musik hören, gedankenlos spazierengehen oder schlafen, gönnen Sie sich das.
2. Seien Sie nachsichtiger mit sich selbst
Kein Mensch ist perfekt. Wir alle haben Schwächen, die wir verstecken, kaschieren oder sogar am liebsten ganz loswerden wollen. Meist reicht es aber völlig aus, sie gut zu verwalten, um gelassener und vertrauensvoller mit sich selbst umzugehen. Legen Sie Ihren Fokus eher auf Ihre Stärken als auf die Schwächen, gönnen Sie sich Lob und Anerkennung für gute Leistungen – auch, wenn Ihnen diese leicht von der Hand gehen.
3. Nehmen Sie sich nicht zu ernst
Wer über sich selber lachen kann, hat es im Leben viel leichter. Denn was uns zum Lachen bringt, macht gleich viel weniger Angst, denn es macht nicht kleiner, sondern größer. Nehmen Sie eigene Missgeschicke, Schwächen oder Unzulänglichkeiten mit Humor, anstatt sie als Bestätigung für Ihre Unfähigkeit oder die Ungerechtigkeit der Welt zu sehen. Denken Sie daran: Lachen ist gesund, Zweifeln nicht – aber beide sind ansteckend.
4. Loben Sie sich täglich
Damit sich Selbstvertrauen entwickelt, braucht es Lob und Anerkennung. Geben Sie sich beides ganz bewusst auch selbst und sprechen Sie sich jeden Tag ein neues Lob oder ein aufrichtig gemeintes Kompliment aus. Etwa für eine besondere Leistung, die Sie erbracht haben, für einen kreativen Gedanken, eine freundliche Geste oder eine mutige Tat. Wichtig ist, dass Sie es sich zur Gewohnheit machen, sich jeden Tag mindestens einmal selbst zu loben. Fällt es Ihnen dadurch auch leichter, bei anderen Menschen Gutes zu sehen oder gedachte Komplimente auch auszusprechen – umso besser.
5. Nehmen Sie Ihren Körper liebevoll an
Ihr Körper ist das einzige, das Sie von Geburt an begleitet und immer bei Ihnen ist. Versuchen Sie daher, sich so wohl wie möglich darin zu fühlen. Achten Sie auf sich und Ihren Körper und seien Sie nachsichtig, wenn Sie erleben, wie er sich mit zunehmender Lebenszeit verändert. Bewegen und kleiden Sie sich so, dass es Ihnen Freude bereitet und Sie sich stark fühlen. Auch für sexuelle Selbstliebe – seit Jahrzehnten wird Masturbation häufig als „Liebe an und für sich“ bezeichnet – brauchen Sie sich nicht zu schämen.
6. Lassen Sie die Vergleiche
Wenn Sie sich häufig mit anderen Menschen vergleichen, sollten Sie einmal sehr genau darauf achten, was das mit Ihnen macht. Viele Menschen vergleichen sich nur mit anderen, um sich schlechter zu fühlen oder darin zu bestärken, dass es anderen besser geht. Versuchen Sie, auch Leistungen, die Sie selbst nicht erreichen, ehrlich und neidlos anzuerkennen, und freuen Sie sich über Lob und Anerkennung, statt über deren Berechtigung, Herkunft oder Form nachzugrübeln.
7. Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl
Es gibt Entscheidungen, die lassen sich rational durch Abwägung unterschiedlicher Argumente treffen, etwa bei der Auswahl eines neuen technischen Geräts. Doch im Alltag müssen wir viel häufiger „aus dem Bauch heraus“ entscheiden, also unserem Bauchgefühl folgen. Und das ist auch gut so, denn Bauchgefühl und Intuition entstammen dem Unterbewusstsein und basieren ebenfalls auf Erfahrungen, selbst wenn wir diese vergessen oder verdrängt haben. Hören Sie häufig und möglichst liebevoll auf Ihre innere Stimme, um bessere Entscheidungen zu treffen.
8. Sprechen Sie über Ihre Wünsche und Bedürfnisse
Zu sich selber zu stehen, bedeutet auch, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu äußern. Das gilt im Freundeskreis ebenso wie in einer Partnerschaft, wobei in engen Freundschaften oft sogar mehr miteinander gesprochen wird als in Beziehungen. Wenn es Ihnen (noch) schwerfällt, mit Ihrem Partner, Ihrer Partnerin oder generell in Gegenwart anderer Menschen über sich selbst zu reden, können Sie es zunächst auch allein probieren, zum Beispiel vor einem Spiegel. Sprechen Sie aus, was Sie fühlen oder sich wünschen; das ist ein wichtiger Schritt, um für sich einzustehen, Selbstliebe zu entwickeln und das Selbstwertgefühl zu stärken.
Selbstliebe ist eine Lebensaufgabe
Selbstliebe zu lernen und zu üben ist nicht einfach, aber es lohnt sich. Denn der liebevolle Blick auf die eigenen Stärken und Schwächen macht es leichter, mit den Stärken und Schwächen anderer Menschen umzugehen, sie anzunehmen und zu respektieren. Das gilt im Berufsleben ebenso wie in der Partnerschaft und allen anderen Lebensbereichen, in denen wir mit anderen Menschen in Kontakt treten. Es ist dabei ganz natürlich, mal mehr und mal weniger Selbstliebe zu empfinden – entscheidend ist ein liebevolles Mindset, also eine generell positive Einstellung zu sich selber.
Um das zu erreichen, können Ihnen meine 8 Tipps helfen – doch seien Sie geduldig und nachsichtig mit sich selbst, wenn es Ihnen an einem schlechten Tag mal nicht gelingt, sie alle zu beherzigen oder umzusetzen.